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Social Media Cockpits – ein Überflug

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Vor einigen Monaten hatte ich über die Freuden der automatischen Informationsaufbereitung geschrieben. Und über das Zwei-Komponenten-Setup, das ich dafür verwende: einen RSS-Aggregator sowie das „Social Media Cockpit“ – darunter verstehe ich eine Plattform, die nicht nur zum Konsumieren von Inhalten, sondern auch zum Interagieren auf sozialen Netzwerken geeignet ist.

Ersteres ist relativ unspektakulär: RSS-Aggregatoren sind Brot-und-Butter-Anwendungen. Ob man nun den Google Reader benutzt, Netvibes, Pageflakes oder etwas Selbstgehostetes, spielt keine große Rolle. (Von dem hier beschriebenen Posh bin ich allerdings mittlerweile wieder zu Netvibes zurückgekehrt – Posh hat mir dann doch zu viele ärgerliche, unprofessionelle Fehlerchen, die das Arbeiten damit auf Dauer eher lästig gestaltet haben.) Aber das nur nebenbei.

Knackiger werden die Anforderungen bei der zweiten Komponente, dem Social Media Cockpit. Hier ist nicht nur das übersichtliche Zusammenführen der Aktivitäts-Streams gefragt, sondern auch eine leistungsfähige Interaktion mit den sozialen Netzwerken. In letzter Zeit habe ich die gängigen kostenlosen Tools durchprobiert – hier folgt ein kurzer Erfahrungsbericht.

Die Aufgabenstellung

Kurz und knapp:

  • Mehrere Twitter-Accounts,
  • Twitter-Listen,
  • einen Facebook-Account
  • und eine Facebook-Page

zusammenführen und die Verwaltung des gesamten Informationsflusses unter einem Dach ermöglichen.

Die Kandidaten

Die Gemeinsamkeiten

Alle Tools haben gemein, dass sie die Streams aus den verschiedenen Netzwerken in einer Spaltendarstellung nebeneinander aufführen. Diese Darstellung scheint sich als Quasi-Standard etabliert zu haben.

Grundsätzlich werden die persönlichen Accounts bei den Netzwerken per indirektem Authentifizierungsmechanismus hinzugefügt – man muss der jeweiligen Anwendung also erlauben, auf das eigene Twitter- oder Facebook-Konto zuzugreifen.

Die Unterschiede

Der architektonische Ansatz der Systeme unterscheidet sich sehr stark: Tweetdeck und Seesmic Desktop sind rein lokale Anwendungen, die direkt auf dem Rechner laufen. Sie erfordern zudem eine extra Laufzeitumgebung (Adobe Air bzw. Microsoft Silverlight). Webbasierte Varianten der beiden Kandidaten sind ebenfalls verfügbar, aber mit reduziertem Funktionsumfang.

Yoono gibt es als Browser-Plugin für Firefox und Google Chrome sowie als lokale Desktop-Anwendung. Eine webbasierte Anwendung ist nicht verfügbar.

Hootsuite kommt rein webbasiert daher, für den Mac gibt es auch eine Desktop-Anwendung.

Alle Hersteller bieten zudem Apps für neuere Smartphones an.

Aus dieser grundsätzlichen Ausrichtung ergibt sich bereits ein für digitale Nomaden nicht unwichtiger Aspekt: Lokale Anwendungen oder Browser-Plugins arbeiten mit lokalen Datenbanken. Das bedeutet für jemanden, der immer mal wieder von unterschiedlichen Computern aus ins Netz geht: Der „Gelesen/Ungelesen“-Status der Streams ist nicht konsistent zwischen den verschiedenen Rechnern. Arbeitet man normalerweise an Rechner A und ruft nach zwei Wochen mal wieder von Rechner B aus sein Social Media Cockpit auf, werden einem etliche bis unglaublich viele vermeintlich „neue“ Statusupdates angezeigt, die in Wirklichkeit schon längst kalter Kaffee sind.

Informationsarbeiter, die verschiedene Endgeräte nutzen, sind also vermutlich gut beraten, sich nach einer webbasierten Lösung umzusehen, bei der alles zentral zusammenläuft.

Die verfügbaren Netzwerke

Die Tools stellen ein sehr unterschiedliches Repertoire an einbindbaren Netzwerken zur Verfügung. Je nachdem, auf welchen Plattformen man aktiv ist, kann das schnell zu einem KO-Kriterium werden.

Derzeitiges Schlusslicht in dieser Kategorie ist unbestritten Seesmic Desktop – hier  kann man nur Twitter, Facebook und ping.fm anbinden. Trotz der auf schick getrimmten Oberfläche keine unbedingte Empfehlung für Anwender, die auf mehreren sozialen Plattformen unterwegs sind.

TweetDeck bietet neben Twitter und Facebook immerhin den Zugriff auf Google Buzz, LinkedIn, Foursquare und MySpace.

Hootsuite hat die obligatorischen Facebook- und Twitter-Zugänge zu bieten – daneben LinkedIn, ping.fm, WordPress.com (ja, es funktioniert auch für dort gehostete Blogs), MySpace, Foursquare und mixi. Zusätzlich können beliebige RSS-Feeds als Streams eingebunden und an soziale Netzwerke weiterverteilt werden.

Den Vogel aber schießt in dieser Disziplin Yoono ab: Twitter, Facebook, LinkedIn und MySpace sind obligatorisch, dazu gibt es YouTube, Flickr, Foursquare, FriendFeed, Yammer, Google Buzz, AIM, Live Messenger, Yahoo Messenger und Google Talk oben drauf.

Die Aufgabenerfüllung

Zur Erinnerung – der hier mit Schweißperlen auf der Stirn testende Informationsarbeiter möchte in der Lage sein, mehrere Twitter-Accounts und -listen sowie einen Facebook-Account und (ganz wichtig) eine selbst administrierte Facebook-Page von einem einzigen Tool aus zu verwalten. Übersichtlichkeit ist dabei Trumpf. Und es ist von Vorteil, wenn auch Retweets und Mentions direkt in der Timeline oder in sonstiger visuell geeigneter Weise dargestellt werden.

Und hier trennt sich so allmählich die Spreu vom Weizen.

Tweetdeck patzt beim Einbinden der Facebook-Page. Die Pinnwand einer Page als Stream einzubinden ist mir nicht gelungen – lediglich das Senden von Updates an Pages funktioniert. Bei Twitter-Konten können Mentions und Retweets lediglich als zusätzliche Spalten eingebunden werden, in der „normalen“ Timeline werden sie nicht angezeigt.

Bei den Retweets schlägt Yoono sich besser – auch hier können spezielle Spalten dazugeschaltet werden, aber die wichtigsten Infos gibt es auch direkt im Stream. Dafür erntet man hier nur gähnende Leere beim Versuch, in irgendeiner Weise mit Facebook-Pages zu interagieren – dieses Konzept ist Yoono gänzlich unbekannt.

Facebook-Pages mit anzubinden steht zwar schon seit über einem Jahr auf der Roadmap, aber das wohl relativ kleine Yoono-Entwicklerteam schiebt das leider ständig zugunsten anderer Features nach hinten. Dafür sind die Interaktionsmöglichkeiten mit Twitter- und Facebook-Profilen sehr umfangreich und mit einem Mausklick im Stream erreichbar.

Seesmic Desktop ist da leistungsfähiger. Bei Twitter-Accounts finden sich alle Interaktionen auch im Stream, und eine Facebook-Page einzubinden stellt kein Problem dar. Schade nur, dass die Spalte mit der Page beim Neustart der Anwendung immer „vergessen“ wird und jedesmal wieder von Hand hinzugefügt werden muss. Die Anwendung startet zudem äußerst träge.

Hootsuite ist als webbasierte Anwendung etwas weniger performant als die lokalen Clients, hat aber dafür den Vorteil, dass man von beliebigen Endgeräten aus immer ein und denselben aktuellen Stand sieht. Mit den gestellten Anforderungen kommt es jedoch nur so halbwegs klar: Retweets erscheinen leider nicht in der „Home Feed“ genannten Timeline und wollen als extra Spalten hinzugefügt werden, aber die Anbindung der Facebook-Page ist kein Problem – wäre da nicht der Umstand, dass Aktualisierungen auf der Page mit teilweise nicht tolerierbarer Verzögerung erscheinen. So war in meinem Test manchmal erst nach zehn (!) Stunden ersichtlich, dass jemand ein Posting auf der Pinnwand der Facebook-Seite kommentiert oder auf „Gefällt mir“ geklickt hatte. Eine Tatsache, die der an sich guten Anwendung den Todesstoß versetzt.

Da hilft ihm auch nicht das „Hootlet“ aus der Patsche – ein kleines Browser-Tool, mit dem sehr komfortabel die aktuell dargestellte Webseite gezielt in unterschiedliche Netzwerke gepostet werden kann.

Das Fazit

Nichts ist perfekt, und man bekommt das, was man bezahlt. Soweit die Binsenweisheit für den heutigen Tag.

Angesichts dessen, dass alle vorgestellten Tools kostenlos verfügbar sind, wäre es vermessen, „Ansprüche“ stellen zu wollen. Die Eignung der Systeme für meine persönlichen Anforderungen einzustufen, nehme ich trotzdem für mich in Anspruch. Ein wenig Polemik auch.

Tweetdeck versagt bei mir auf ganzer Linie. Weg damit, Ende der Durchsage.

Seesmic Desktop legt vielleicht ein wenig zu viel Wert auf ein nett durchgestyltes Äußeres und optischen Schnickschnack, ist aber durchaus brauchbar, wenn man sich auf Twitter und Facebook als Social-Media-Plattformen beschränkt.

Hootsuite bietet als einziges Tool den Ansatz, der für digitale Nomaden wirklich funktioniert – den webbasierten -, schießt sich aber mit gravierenden Schwächen bei den so wichtigen Interaktionen auf Facebook-Pages konsequent selbst ins Aus.

Yoono gefällt mir rundum gut. Leider ein lokaler Client, hat es unter einer aufgeräumten Oberfläche einen guten Funktionsumfang, bis auf die Facebook-Pages, zu denen es so gar keine Verbindung aufnehmen mag.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre mein perfektes Social Media Cockpit das folgende:

  • webbasiert wie Hootsuite,
  • mit einer übersichtlichen und funktionsreichen Oberfläche wie Yoono,
  • und der Facebook-Page-Verwaltung von Seesmic Desktop.

Man wird ja wohl noch träumen dürfen. Bis dahin werkelt bei mir eine Kombination aus Yoono und manuellem Betreuen der Facebook-Page.

Eine mobile Randbemerkung

Was ich in diesem Artikel völlig beiseite gelassen habe, ist der Aspekt der mobilen Endgeräte und deren spezieller Apps. Diese werden für den digitalen Nomaden schließlich immer wichtiger. Dass ich das hier links liegen lasse, mag dem Umstand geschuldet sein, dass ich selbst noch mit einem fossilen Telefon herumlaufe, das Windows Mobile 6 unter der Haube hat, und das mit dem Titel „Smartphone“ zu belegen eine blanke Unverschämtheit gegenüber den heutigen iOS- und Android-Geräten wäre. Dem wird jedoch hoffentlich bald abgeholfen, so dass ein Überblick über mobile Apps für das Social Media Cockpit vielleicht in einiger Zeit folgt.

Ergänzt mich, korrigiert mich, helft mir auf die Sprünge

Was habe ich vergessen oder sträflich übersehen? Gibt es womöglich „mein“ Social Media Cockpit schon, und ich habe es bisher nur nicht gefunden? Womit habt Ihr gute Erfahrungen gemacht? Raus damit, ich bin gespannt auf Eure Kommentare.


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